„The marvellous thing is that it’s painless“, he said. „That’s how you know when it starts.“
E. Hemingway, The Snows of Kilimandscharo
Sie sind nur noch zu fünft im Wagen. Die vier Jungs sitzen an einem Ende, jeweils zwei einander gegenüber, dicht zusammengerückt und nach vorne gebeugt, so dass man nicht sehen kann, womit sie sich beschäftigen. Sam sitzt in der Mitte des Wagens und summt. Sam dreht eine Locke zwischen den Fingern und tippt den Takt einer Melodie mit dem linken Fuß. Sams Plastiklatsche macht ein schmatzendes Geräusch. Da ist etwas zwischen Plastik und Fußsohle. Womöglich ein Glassplitter. Aber Sam will jetzt lieber nicht nachsehen.
Und dann dreht auch schon einer der Jungs den Kopf und mit dem Kopf den Oberkörper, streift mit einem Blick an Sam entlang, so von oben nach unten, und nimmt Sam ganz in sich auf mit diesem Blick. Und dreht sich wieder zu den anderen. Sie balgen sich um etwas, ein kleiner Gegenstand, einer greift danach, will aufstehen, die anderen ziehen ihn zurück. So geht es hin und her, sie kichern und tuscheln dabei und sehen immer wieder zu Sam.
Sam hört auf zu summen. Sam denkt an den Glassplitter. Und dann denkt Sam an den Kerl in dieser Story in Afrika. Wie der da vor dem Zelt auf seinem Feldbett liegt und sich betrinkt.
Als die U-Bahn an der Jannowitzbrücke hält, sieht eine Frau in blauem Sommerkleid in den Wagen. Sie sieht die vier Jungs auf der einen Seite und Sam in der Mitte und geht weiter.
Das hätte Harrys Frau auch so gemacht. Harry, das ist dieser Kerl in Afrika. Sam hat nie verstanden, warum Harry seine Frau die ganze Zeit über anpöbelt. Sie kann ja nichts dafür, dass er den Kratzer am Knie nicht ernst genommen hat. Und dass der sich infiziert. Und dass Harry dann daran abkratzt. Und vor allem kann sie nichts dafür, dass Harry so ein Loser ist. Und dabei hat sie nichtmal einen Namen.
Die vier Jungs sitzen jetzt ganz ordentlich, alle in einer Reihe, in der Mitte des Wagens, Sam gegenüber. Sie haben, bis auf den mit dem Smartphone, die flachen Hände auf den Oberschenkeln abgelegt und sehen Sam an. Sam sieht die vier Jungs an. Erst die drei mit den Händen auf den Oberschenkeln. Dann den vierten, der das alles filmt.
Und dann erinnert Sam sich. Helen. So heißt Harrys Frau.
„Harry hat eine Scheißangst“, sagt Sam. „Das ist es, womit er nicht klarkommt. Bis zum Schluß. Bis zu der Sache mit dem Flugzeug. Und die Geschichte wäre sowieso viel besser“, fügt Sam, bereits leiser werdend, hinzu, „wenn Hemingway das Ende offen gelassen hätte.“